Jenica Schneider | Cranachstraße 16 | 90408 Nürnberg | Sie erreichen mich unter: +49 (0)911-247 66 30 (09 bis 17 Uhr)

Rumänien-Blog


Wilde Mischung: die Bevölkerungsstruktur des Banat

Das gute Zusammenleben der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen im Banat hat lange Tradition. Blickt man auf die Geschichte der Region zurück, ist diese schon seit jeher zu wechselhaften Anteilen unter verschiedenen Staaten aufgeteilt. Zudem war – aufgrund besonders ausgeprägter Be- und Entsiedelungsaktivitäten seitens der jeweiligen Machthaber – im Lauf der Jahrhunderte eine vielfältige Mischung an Ethnien dort beheimatet, was natürlich nicht immer konfliktfrei verlief, jedoch auch dazu führte, dass man es gewohnt war, multiethnisch und -kulturell miteinander zu leben.

Heute liegen zwei Drittel des Banat in Rumänien, ein Drittel in Serbien und ein sehr kleiner Teil in Ungarn. Bis Mitte der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts war die Bevölkerungsstruktur in all jenen Teilen stark gemischt. Auf Daker und Römer folgten Steppennomaden, die wiederum von Awaren, Slawen und Petschenegen abgelöst wurden – gefolgt von Kumanen, Bulgaren und Walachen. Auch Ungarn und Mongolen machten es sich im Banat bequem. Nachdem sich die österreichische Krone endgültig gegen die Osmanen durchgesetzt hatte, pflegte man vorwiegend deutsch und katholisch zu besiedeln. Zu den dort lebenden Serben gesellten sich die Banater Schwaben, später auch Donauschwaben genannt, die aber nicht nur Schwaben, sondern auch Pfälzer, Bayern, Hessen und Elsässer waren. Hinzu kamen einige Franzosen, Kroaten, Bulgaren, Italiener und Spanier, Magyaren, Slowaken, Russinen und Armenier. Bis heute gibt es im südlichen Banat Banater Tschechen und einige nahezu rein kroatische Dörfer. Zudem praktizierte man zwischen 1744 und 1768 eine sehr spezielle Form der Ansiedlung, den so genannten Temeswarer Wasserschub: Innerhalb der Habsburgermonarchie unter Maria Theresia wurden zweimal pro Jahr Landstreicher, Wilderer, Schmuggler und aufsässige Bauern sowie liederliche Weibspersonen per Schiff donauabwärts gebracht und zur moralischen Läuterung im Banat angesiedelt. Hauptsächlich waren dies Personen, die nicht unmittelbar der Gerichtsbarkeit zugeführt werden konnten. Verantwortlich für die Deportationen war in vielen Fällen die damalige Wiener Keuschheitskommission. Der Wasserschub hatte selbstredend einen schlechten Ruf und erschwerte das Anwerben von katholischen Kolonisten.

Nach den großen Auswanderungswellen der deutschstämmigen Bevölkerung rückten viele Rumänen, Roma und auch Ungarn nach. Ein Großteil Letzterer gehört zur Bevölkerungsgruppe der Szekler, welche den ungarischen Szekler-Dialekt sprechen. Zur multiethnischen und multikulturellen Selbstverständlichkeit gehört auch eine multilinguale: Auch in der Gegenwart ist es für einen Einwohner des Banats nicht ungewöhnlich, zwei oder drei Sprachen zu beherrschen. Zudem wurden zahlreiche Lehnwörter lokal unter den Sprachen ausgetauscht. Ein Lehnwort ist wiederum ein Wort, das aus einer anderen Sprache, der so genannten Geber- oder Quellsprache, in die Nehmer- oder Zielsprache übernommen, also entlehnt wurde. Interessant hierbei ist, dass es sich bei der Gebersprache nicht zwangsweie um die Ursprungssprache handeln muss. Diese kann auch eine vermittelnde Sprache sein.

Zurück