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Rumänien-Blog


Übergangszeiten: zwischen den Kriegen

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde Rumäniens Hauptstadt zur Namensgeberin eines der zu diesen Zeiten aktuellen Friedensverträge: Der Friede von Bukarest beendete den Krieg zwischen Serbien und Bulgarien. Mit den beiden Balkankriegen folgten zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwei weitere in der Region, der Erste Weltkrieg schloss sich beinahe nahtlos an. 



Nach dem Krieg war vor dem Krieg, könnte man die Zeit auf dem Balkan um die Jahrhundertwende beschreiben. Territoriale Auseinandersetzungen mit militärischen Mitteln zu führen war die Regel. So entfalten die zahlreichen Annexionen und Kriegserklärungen aufgrund ihres inflationären Ausmaßes in der Rückschau eine bizarre Anmutung, welche die Absurdität von Kriegen deutlich macht. Im ersten der beiden Balkankriege verhielt sich Rumänien noch neutral, während sich die beteiligten Parteien reihum den Krieg erklärten. Nachdem Montenegro im Herbst 1912 dem Osmanischen Reich den Krieg erklärt hatte, tat letzteres dies Bulgarien gegenüber, was wiederum eine gemeinsame Kriegserklärung Serbiens, Bulgariens und Griechenlands den Osmanen gegenüber zur Folge hatte. Nach einer Reihe von Niederlagen seitens des geschwächten Osmanischen Reiches führten die im Dezember 1912 in London aufgenommenen Friedensverhandlungen zur Unterzeichnung des Londoner Vertrages, womit der Krieg am 30. Mai 1913 endete. Die Jahrhunderte währende Herrschaft der Osmanen auf dem Balkan war vorbei. Wie zu diesen Zeiten üblich, hielt der Frieden nicht lange an, denn die Gewinner begannen sich über das territoriale Ergebnis zu streiten. Aus Verbündeten wurden Gegner, man erklärte nun Bulgarien den Krieg. Diese Situation nutzten wiederum die Osmanen, um Territorien zurückzugewinnen. Rumänien hatte sich ohnehin schon gegen Bulgarien positioniert. Nach dem oben benannten Frieden von Bukarest von 1886 folgte 1913 ein gleichnamiger, welcher den Zweiten Balkankrieg beendete. Beide Kriege vergifteten die Beziehungen der Balkanvölker nachhaltig und können als Wegbereiter des Eintritts der südeuropäischen Staaten in den Ersten Weltkrieg gesehen werden. Letzterer führte zur Besetzung Bukarests (rumänisch: București) von Dezember 1916 bis Mai 1918, die Regierung war samt König geflohen. Nachdem Târgoviște (deutsch: Tergowiste oder Tergowisch) und Bukarest sich lange Zeit als Hauptstädte abgewechselt hatten (Blogbeitrag Mai 2021) übernahm diese Rolle vorübergehend Iași – wir hatten die progressive Kulturstadt per Blog im Januar 2019 besucht. Erst nach Kriegsende erlangte Bukarest wieder Bedeutung, nun als Hauptstadt Großrumäniens. Die Grundfläche der Stadt vergrößerte sich, die Einwohnerzahl erhöhte sich um mehr als das Doppelte. Wie bereits im Blog vom April dieses Jahres erwähnt, orientierte sich die Stadtplanung ab den 1930er Jahren stark an französischen Vorbildern. So legte man die Achse Piața Victoriei (deutsch: Siegesplatz) und Piața Sf. Gheorghe zwischen 1936 und 1940 analog zum Pariser Boulevard Henri Martin an. București wurde zum Paris des Ostens, zum Micul Paris (deutsch: Kleines Paris). In den 1940er Jahren wurde die Entwicklung der Stadtarchitektur weiter vorangetrieben, der Internationale Stil der Moderne setzte sich durch. Diese Strömung der klassischen modernen Architektur verbreitete sich ab 1922 von Europa ausgehend in der ganzen Welt. Berühmte Vertreter sind neben Le Corbusier die Architekten Walter Gropius, Mies van der Rohe und Oscar Niemeyer.

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