Tschick, Maik, ein Lada und die Walachei
Neben der Kleinen Walachei (rumänisch: Oltenia) gab es im Verlauf der Geschichte nicht nur die Große Walachei (rumänisch: Muntenia) Rumäniens. In Griechenland bezeichnete man rumänischsprachige Gebiete gleichbedeutend als Megalovlachia, die Mährische Walachei (tschechisch: Valassko) erhielt ihren Namen über eingewanderte Walachen. Und dann gibt es noch Tschick und Maik, die gemeinsam in die Walachei aufbrechen.
Reist jemand in die Walachei, bedeutet das nicht unbedingt, dass die reale Region in Rumänien Ziel der Reise ist. In Deutschland und Österreich wird damit umgangssprachlich eine weit entfernte, verlassene Gegend bezeichnet. Diese wirklich zu erreichen, muss nicht unbedingt das Bestreben der Reisenden sein. Im 2010 erschienenen Roman Tschick von Wolfgang Herrndorf machen sich die beiden Jugendlichen Tschick und Maik von Berlin aus auf solch eine Reise. Mit einem geklauten Lada Niva unternehmen die beiden einen Trip Richtung Walachei, um dort Tschicks Großvater zu besuchen. Wo das Reiseziel eigentlich liegt, wissen sie nicht so genau, Karten nehmen sie nicht mit und ankommen werden sie dort auch nicht. Ihre Odyssee durch den wilden deutschen Osten wurde 2016 von Fatih Akin verfilmt. Eine zwar kleine, aber echte Walachei gibt es in Deutschland tatsächlich: ein 19 Hektar großes Naturschutzgebiet in Nordrhein-Westfalen. Der deutlich größere Teil der realen Walachei namens Muntenien liegt östlich der bereits bereisten Kleinen Walachei und macht den Großteil des südlichen Rumänien aus. Im Westen grenzt die Region mit dem Fluß Olt (deutsch: Alt) an Oltenien, im Süden und Osten wird das Gebiet von der Donau (rumänisch: Dunărea) begrenzt, im Norden von den Karpaten (rumänisch: Carpați) und dem Fluss Milcov. Im Osten Munteniens (rumänisch: Muntenia) liegt das Bărăgan-Flachland, ein Abschnitt der Walachischen Tiefebene (rumänisch: Câmpia Română oder Câmpia Dunării), das als Kornkammer Rumäniens gilt. Aufgrund der fruchtbaren Schwarzerdeböden ist der Bărăgan ein riesiges Getreideanbaugebiet. Auf den ausgedehnten Flächen werden hauptsächlich Weizen, Sonnenblumen und Mais angebaut, die weitläufige Steppenlandschaft ist gesamt dünn besiedelt. Zu Zeiten der Völkerwanderung stellte der Bărăgan eine wichtige Migrationsroute durch das heutige südöstliche Rumänien dar. Zudem wurde das Gebiet von Hirten aus den Karpaten und dem nordwestlich gelegenen Transsilvanien/Siebenbürgen (rumänisch: Ardeal oder Transilvania) zur Wanderviehwirtschaft genutzt. Letztere, auch als Transhumanz bezeichnete traditionelle Wirtschaftsform, bedeutete eine extensive Fernweidewirtschaft, welche dem klimabedingten saisonalen Wechsel der in verschiedenen Klimazonen liegenden Weidegebiete folgt, je nachdem in welcher Jahreszeit diese ausreichend Futter bieten. Da natürlich entstandenes, nicht eingehegtes Weideland genutzt wurde, ist dies eine Form der Naturweidewirtschaft. In der Geschichte der Bărăgan gibt es jedoch auch eine düstere Episode: Anfang der 1950er Jahre wurden Familien aus dem Banat, darunter deutschstämmige Banater Schwaben in die Steppe zwangsumgesiedelt. Nachzulesen ist das dunkle Kapitel im Blog-Archiv unter dem Titel Nachwirkungen: das Banat in den 1950er Jahren vom Juni 2016. Heute sind Brăila, Călărași, Slobozia (deutsch veraltet: Freistadt) und Fetești die wichtigsten Städte in der Region.