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Rumänien-Blog


Kathedralen des Öls und Schlösser der Könige

Begonnen hat die Reise durch die Große Walachei im Frühsommer letzten Jahres mit Tschick, Maik und einem geklauten Lada, mit dem sich die beiden auf den Weg machten, Tschicks Großvater zu besuchen. Nachzulesen ist die Geschichte im Blog vom Mai 2020. Bei Minusgraden nähern wir uns nun Rumäniens Hauptstadt Bukarest (rumänisch: București), machen jedoch zuvor noch einen Abstecher zu Königsschlössern und Kathedralen des Erdöls. 

Nördlich der Hauptstadt București liegt der Kreis Prahova, dessen Süden durch seine Erdölvorkommen bekannt wurde. Eines davon befindet sich nahe der Großstadt Ploiești, in einer Region die als seit prähistorischen Zeiten diskontinuierlich besiedelt gilt. Als hier im späten Mittelalter Schafhirten sesshaft wurden, kam es zur Dauerbesiedelung. Die Förderung von Erdöl begann im 19. Jahrhundert. Die erste Kathedrale des Öls, eine Raffinerie, gründete man 1855. Gegen Ende des Jahrhunderts begann der Einsatz maschineller Bohrverfahren, wodurch die Ölproduktion erheblich gesteigert werden konnte. Die Industrialisierung schritt zügig voran, mit all ihren bekannten Nebenwirkungen: Arme Arbeiterviertel an der städtischen Peripherie, mondäne Industriellenvillen im Stadtzentrum. Im Zweiten Weltkrieg fungierten Erdölfelder und Raffinerien als eine der wichtigsten Rohstoffquellen für das Deutsche Reich. Massive Bombardements durch die amerikanische United States Army Air Forces und die britische Royal Air Force erfolgten ab 1943, beschädigten die Anlagen schwer und machten zahlreiche Instandsetzungen notwendig. Die Produktionskapazität sank auf die Hälfte. Infolge Rumäniens politischer Wende 1944 verließen die deutschen Truppen das Land, was den Angriffen aus der Luft den Anlass entzog und die Einnahme der Ölanlagen durch die Roten Armee zur Folge hatte. Ein visuelles Kontrastprogramm zu den Kathedralen des Erdöls bieten die Schlösser der Könige, etwa 70 km nordwärts entfernt. Nahe Sinaia, einer Kleinstadt mit rund 10.000 Einwohnern sind die beiden außergewöhnlich hübschen Bauten zu betrachten: Am Stadtrand liegen die benachbarten Schlösser Peleș und Pelișor. Ersteres ist ehemaliges Königsschloss aus dem 19. Jahrhundert, wurde für König Carol I. erbaut und diente diesem als Sommerresidenz. Interessant ist, dass die Architektur an die k. u. k. Zeit erinnert, obwohl Sinaia nie zu Österreich-Ungarn gehörte. Das Schloss ist von sieben Terrassen umgeben, enthält ein (später zum Kino umgewandeltes) Theater mit 60 Sitzen und Wandgemälde des weltberühmten österreichischen Maler Gustav Klimt. Von Beginn an gab es fließend warmes Wasser, einen Telefonanschluss sowie elektrische Beleuchtung. 2008, 2011 und 2017 diente das Schloss als Kulisse für Filmproduktionen. Mittels visueller Effekte wurde es 2008 gesprengt. Schloss Pelișor, auch Klein Peleș genannt, ließ König Carol I. im Stil eines Chalets erbauen, die architektonische k. u. k. Assoziation ist hier ebenso unvermeidbar. 1947 beschlagnahmte das kommunistische Regime Klein Peleș, der rumänische Diktator Nicolae Ceaușescu hielt sich zeitweise dort auf. Nach der Rumänischen Revolution 1989 wurden beide Schlösser an den im Exil lebenden Ex-König Michael aus dem Haus Hohenzollern-Sigmaringen zurückübertragen. Heute sind die beiden Schönheiten beliebte touristische Ziele. Sinaia ist die einzige Stadt Rumäniens, die über zwei Königsbahnhöfe verfügt. An einem hält heute noch immer der berühmteste Zug Europas, der Orient Express.

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