Ein fröhlicher Friedhof im Land des Holzes: Săpânţa
Die Maramuresch ist für ihre zahlreichen Kirchen aus Holz berühmt, von denen wir einige noch besuchen werden. Holz ist hier der Stoff, um den es sich dreht. Landwirtschaftliche Geräte, private Häuser und der Zugang zu deren Gärten sind nicht nur aus Holz gemacht, sondern auch mit aufwändigen Schnitzereien versehen. Und zum Lachen geht man in der Maramureș nicht in den Keller, sondern auf den Friedhof, wo es bunt und fröhlich zugeht.
Fast alles in der Maramuresch ist aus Holz: Viehställe, Heuschober, Kirchen, Altäre und Grabkreuze. Zwar sind die Holzkombinate in der Region schon lange geschlossen, doch einige Sägewerke sind geblieben. In Vișeu de Sus (deutsch: Oberwischau) transportiert die berühmte Wassertalbahn das Holz noch heute aus den Wäldern der Karpaten. Doch auch andernorts ist der dichte Wald das Gold der Maramureș. Im privaten Bereich ist der allgegenwärtige Baustoff ebenso wichtig, grundlegend und übergeordnet. Statussymbole wie schnelle Autos spielen im Land der Langsamkeit keine Rolle. Abgesehen davon, dass kaum jemand über die finanziellen Mittel zum Erwerb verfügt, fehlt es an soliden Unterlagen für potenzielle Geschwindigkeitsräusche. Denn Straßen sind hier, im Fall ihres Vorhandenseins, eher holprig. Den eigenen Status zeigt man lieber über Holztore. Wer genügend Geld hat, investiert es gerne in ein aufwändig gestaltetes Eingangstor zum privaten Gelände. Entlang der Dorfstraßen sind zahlreiche der hölzernen Durchlässe zu bewundern, jedes von ihnen breit und hoch genug, um Pferdewagen statt SUVs passieren zu lassen. Auch die zeitgenössischen Exemplare sind mit geschnitzten Mustern und Verzierungen gestaltet, welche sich seit Jahrhunderten wiederholen. Dazu gehören Kreuze, Sonnen, Rosetten und gedrehte Seile, die die jeweilige Familie symbolisch mit der Gemeinschaft verknüpfen.
Zum Lachen auf den Friedhof? In der Gemeinde Săpânţa, hoch im Norden der Maramuresch und nah an der Grenze zur Ukraine, freuen sich Bewohner und eine zunehmende Zahl an Touristen über die hölzernen, farbig bemalten Grabstellen – und die darauf zu lesenden Reime. Cimitirul Vesel heißt der Fröhliche Friedhof auf Rumänisch. 1936 schnitzte der Holzschnitzer Stan Ioan Pătras sein erstes Grabkreuz, das er mit leuchtend blauer Farbe versah. Bunte Ornamente und Bilder der Verstorbenen und vor allem die von Pătras selbst verfassten kurzen Statements zu deren Leben und Sterben begeisterten die Dorfbewohner von Anfang an so sehr, dass sie die Gestaltung der Grabkreuze über Jahrzehnte ausschließlich ihm überließen. Mit Witz und Liebe zum Galgenhumor fasste der Holzschnitzer die Vorlieben seiner Klientel zu Lebzeiten ungeschönt und rustikal in kurzen Versen zusammen: Grabschriften aus dem echten Leben. Geschont wurde niemand, doch immer mit Humor, wenn auch von der schwarzen Sorte. "Wer den Schnaps so liebt wie ich, den wird dasselbe Schicksal ereilen - ich starb mit der Flasche in der Hand!", ist beispielsweise dort zu lesen und von der Schwiegermutter wünscht man sich, sie möge bitte nicht wieder aufwachen. Über die Jahrzehnte entwickelte Pătras eine individuelle Farb- und Zeichensymbolik, mehr als 800 Kunstwerke schuf er bis1977. Seine eigene Grabtafel schnitzte und bemalte er noch selbst.