Ein neuer Präsident: Nicușor Dan
Rumänien hat gewählt. Nachdem der rechtsextreme George Simion Anfang Mai im ersten Wahlgang mit 41 Prozent die meisten Stimmen erhalten und Nicușor Dan mit 21 Prozent nur Platz zwei erreicht hatte, hat sich das Stimmenverhältnis in der Stichwahl gedreht. Mit fast 54 Prozent der Stimmen wurde Dan zum neuen Präsidenten (rumänisch: Președintele României) gewählt und ist damit Staatsoberhaupt Rumäniens.
Mit fast 65 Prozent war die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl um das Amt des Präsidenten um etwa 12 Prozent höher als im ersten Wahlgang zwei Wochen zuvor, und eine der höchsten seit Jahrzehnten. Das Wahlergebnis, aus dem Nicușor Dan mit einer klaren Mehrheit von 53,60 Prozent als Gewinner hervorging, hat Bestand. Das rumänische Verfassungsgericht wies den Antrag George Simions auf Annullierung der Wahl einstimmig als unbegründet zurück. Simion hatte Frankreich und den Nachbarstaat Moldau (rumänisch: Moldova) beschuldigt, die Wahl beeinflusst zu haben. Pawel Durow, Gründer des Messengerdienstes Telegram, behauptete, er wäre vom französische Geheimdienstchef gebeten worden, konservative Stimmen im Kontext der Wahl in Rumänien auf Telegram zu unterdrücken. Sowohl das französische Außenministerium als auch der Geheimdienst DGSE (französisch: Direction générale de la Sécurité extérieure) hatten die Vorwürfe zurückgewiesen. Simion postet aktuell auf seinem Account auf X (früher Twitter) von seinen Treffen mit republikanischen Kongressabgeordneten in den USA, welche er vor dem demokratischen Niedergang in Rumänien warnte. Mit Nicușor Dan haben die Rumäninnen und Rumänen einen Politiker gewählt, der eine westliche Ausrichtung Rumäniens beibehalten will und die Bekämpfung der landesinternen Korruption als eines seiner obersten Ziele proklamiert. Die Wahl wurde immer wieder als Richtungswahl und sogar als wichtigste in der Geschichte Rumäniens bezeichnet. Die sogenannte westliche Ausrichtung beinhaltet die Bekenntnisse zur Europäischen Union (rumänisch: Uniune Europeană) und zur NATO (North Atlantic Treaty Organization), der Rumänien seit 2004 angehört. Mit dem geplanten Ausbau des NATO-Stützpunktes in Constanța am Schwarzen Meer (rumänisch: Marea Neagră) wird Rumänien künftig Standort der größten NATO-Luftwaffenbasis Europas in unmittelbarer Nähe zur Ukraine (rumänisch: Ucraina). Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine gilt Rumänien aufgrund dieser Nähe als besonders wichtiger Partner im Militärbündnis. Zu den ersten Amtshandlungen des neuen Präsidenten gehört die Ernennung des Ministerpräsidenten bzw. Premierministers, der den aktuell amtierenden Interims-Premier Cătălin Predoiu ablösen und eine neue Regierung bilden wird. Anders als in Deutschland hat der Präsident Rumäniens weitreichendere Kompetenzen als eine bloß repräsentative Rolle. Im innenpolitischen Bereich kann er an Sitzungen der Regierung teilnehmen, deren Vorsitz führen und Dekrete zu erlassen. Er hat das Recht, die Regierung zu drängenden Problemen zu befragen, hierzu Referenden abzuhalten und ist Oberbefehlshaber der rumänischen Streitkräfte, deren Mobilisierung er mit Genehmigung des Parlaments erklären kann. Außenpolitisch repräsentiert er Rumänien in den Sitzungen des Europäischen Rates, dem wichtigsten Gremium der Europäischen Union, in dem Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer die politische Agenda des Verbunds festlegen.