Superwahljahr 2024: Rumäniens politisches System III
Europawahlen, Kommunalwahlen, Präsidentschaftswahlen, Parlamentswahlen: In dieser Reihenfolge wird 2024 in Rumänien gewählt werden, wobei die ersten beiden Wahlen zusammengelegt wurden. Am Sonntag, 09. Juni 2024 stimmen die Rumäninnen und Rumänen über ihre regionalen und europäischen Vertretungen ab. Korrekter formuliert stimmten sie ab, da dieser Beitrag, wie üblich, am 10. des Monats veröffentlicht werden wird.
Die von der Regierungskoalition beschlossene Zusammenlegung der Europa- und Kommunalwahlen war von der Opposition scharf kritisiert worden. Die Koalition aus Vertretern der PSD (rumänisch: Partidul Social Democrat, deutsch: Sozialdemokratische Partei) und PNL (rumänisch: Partidul Național Liberal, deutsch: Nationalliberale Partei), auch bei der Europawahl in einer gemeinsamen Liste vertreten, sei damit einen undemokratischen Schritt gegangen, der gegen die rumänische Verfassung verstoße. Als weiteren Beschluss hatte der seit Juni 2023 amtierende Ministerpräsident und Parteivorsitzende der PSD, Marcel Ciolacu, erklärt, dass die für Dezember vorgesehenen Präsidentschaftswahlen bereits im September stattfinden sollen. Termin für die Parlamentswahlen ist wiederum der 08. Dezember 2024. Bei allen Wahlen des Jahres werden die Wahllokale nicht wie üblich um 21 Uhr schließen, sondern eine Stunde später. Am Tag nach den Europawahlen wird sich gezeigt haben, ob der vor allem aus Österreich, Ungarn und Rumänien zu erwartende Rechtsruck im Europäischen Parlament zur Realität werden wird. Einem Bericht der tagesschau vom 27. Mai 2024 zufolge lag die AUR (rumänisch: Alianța pentru Unirea Românilor, deutsch: Allianz für die Vereinigung der Rumänen) auf Platz zwei hinter den beiden gemeinsam antretenden Regierungspartien und könnte aus dem Stand bis zu 20 % der rumänischen Wählerstimmen holen. Die Partei selbst bezeichnet sich als konservativ, wird jedoch zu Recht – von rechtspopulistisch über nationalistisch oder ultranationalistisch – als extremistisch eingeordnet. Eines der erklärten Ziele im Parteiprogramm ist die Vereinigung Rumäniens mit der benachbarten Republik Moldau, da diese einst zu Rumänien gehört und 1940 von der Sowjetunion einverleibt worden sei. Das Nachbarland hat daraufhin dem Parteivorsitzenden George Simion ein Einreiseverbot erteilt, das man jüngst um fünf Jahre verlängerte. Gegründet wurde die AUR am 1. Dezember 2019, am rumänischen Nationalfeiertag zur Zelebrierung der großrumänischen Einheit, der 1990 eingeführt wurde. Bei den Kommunalwahlen 2020 verzeichnete die Partei zunächst nur geringfügige Erfolge, bei der Parlamentswahl im gleichen Jahr zog sie überraschend als viertstärkste Partei in die Abgeordnetenkammer (rumänisch: Camera Deputaților) ein. Aktuell profitiert die AUR, deren Farbe übrigens golden (rumänisch: de aur) ist und auf deren Plakaten Familie, Nation, Glaube, Freiheit zu lesen ist, von der innenpolitischen Unzufriedenheit im Land. Auf Listenplatz eins der Partei steht der Abgeordnete Cristian Terheș, der 2019 als Sozialdemokrat ins EU-Parlament gewählt wurde. Ein Jahr später wechselte er zur AUR. Er wird mit den Worten zitiert, die Rumäninnen und Rumänen hätten die Wahl zwischen Souveränität oder Vasallentum, Freiheit oder Tyrannei. Laut George Simion müssten diese gemeinsam gegen die Globalisten und Satanisten kämpfen. Über weitere Recherchen sind zahlreiche Zitate antieuropäischer, rassistischer und martialischer Aussagen seitens Parteivertretern zu finden.