Superwahljahr 2024: Rumäniens politisches System I
Zum Internationalen Frauentag war die Situation der Frauen in Rumänien Thema im Blog des vergangenen Monats. Ein relevanter Aspekt hierbei auch der Bereich der politischen Partizipation, in welchem diese stark unterrepräsentiert sind. Wird sich dies, und anderes, im laufenden Superwahljahr 2024 ändern? Ein Blick auf die aktuelle politische Landschaft in Rumänien.
Europawahlen, Kommunalwahlen, Parlamentswahlen, Präsidentschaftswahlen in einem Jahr: In Rumänien – und nicht nur dort – hat mit 2024 ein Superwahljahr begonnen. Das politische System Rumäniens ist eine repräsentative parlamentarische Demokratie. Staatsoberhaupt ist der Präsident, Regierungschef der Ministerpräsident. Nach der Rumänischen Revolution von 1989, die zum Ende der Ära Ceaușescu führte, wurde im November 1991 die erste nachsozialistische Verfassung verabschiedet. Im Rahmen der Beitrittsgespräche zur für 2004 geplanten Osterweiterung der NATO (North Atlantic Treaty Organization) und im Hinblick auf den angestrebten Beitritt zur Europäischen Union wurde diese 2003 stark überarbeitet. Laut Verfassung ist Rumänien ein demokratischer Rechtsstaat, in dem die Würde des Menschen, Rechte und Freiheiten der Bürger, Gerechtigkeit, freie Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit und politischer Pluralismus höchste Werte darstellen und garantiert sind. Wirtschaftsform ist eine Marktwirtschaft, was bedeutet, dass der Staat freien Handel und Schutz des lauteren Wettbewerbs gewährleisten sowie günstige Produktionsbedingungen schaffen muss. Die Mehrheit der Rumäninnen und Rumänen hatte per Referendum für den Entwurf gestimmt, allerdings lag die Wahlbeteiligung mit 55 % nur 5 % über der geforderten Mindestgrenze. Der Democracy Index (deutsch: Demokratieindex) ist ein vom britischen Nachrichtenmagazin The Economist berechneter Index, der den Grad der Demokratie in 167 Ländern misst und seit 2010 jährlich veröffentlicht wird. Bewertungskriterien sind hierbei Wahlprozess und Pluralismus, Funktionsweise der Regierung, Politische Teilhabe und Kultur sowie Bürgerrechte. Kategorien sind Vollständige Demokratien, Unvollständige Demokratien, Hybridregime (Mischformen aus Demokratie und autoritärem Regime) und autoritäre Regime. Im Februar 2024 wurde der Demokratieindex 2023 veröffentlicht: Rumänien ist als Unvollständige Demokratie auf Platz 60 gelistet. Laut Definition sind dies Staaten, in denen Wahlen fair und frei sind und grundlegende bürgerliche Freiheiten gewahrt werden, die jedoch Probleme haben können (z. B. Verletzung der Medienfreiheit und geringfügige Unterdrückung politischer Opposition und Kritiker). Diese Staaten haben erhebliche Mängel in anderen demokratischen Aspekten, einschließlich einer unterentwickelten politischen Kultur, einer geringen Beteiligung an der Politik und Problemen bei der Funktionsweise der Regierungsführung. Weltweit hat sich der Zustand der Demokratie im Jahr 2024 übrigens verschlechtert. Zurück nach Rumänien. Staatsoberhaupt ist der Präsident (rumänisch: președinte), der mittels Mehrheitswahlrechts direkt vom Volk für fünf Jahre gewählt wird und nur einmal wiedergewählt werden kann. Er ist Repräsentant Rumäniens nach außen und nimmt zeremonielle Aufgaben wahr. Im Konfliktfall zwischen Parlament, Regierung und Gesellschaft steht ihm die Vermittlerrolle zu. Seit Dezember 2014 ist Klaus Johannis Staatspräsident Rumäniens. Im Blog Oktober 2023 lernten wir ihn kennen.