Generalstaatsanwältin für Europa: Laura Codruța Kövesi
Mit Geta Brătescu lernten wir im letzten Blogbeitrag die Grand Dame der konzeptuellen Kunst Rumäniens kennen. Fast ein halbes Jahrhundert später als Brătescu geboren ist Laura Codruța Kövesi. Am 01. Juni 2021 nahm die Europäische Staatsanwaltschaft in Luxemburg ihre Arbeit auf. Geleitet wird sie von ihrer ersten Generalstaatsanwältin, der rumänischen Juristin Kövesi.
2017 gegründet, begann die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) 2021 als unabhängige und dezentralisierte Staatsanwaltschaft der Europäischen Union mit der grenzübergreifenden strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten gegen den EU-Haushalt. Zuvor konnten dies nur die nationalen Behörden, was bedeutete, dass deren Befugnisse an den jeweiligen nationalen Grenzen endeten. Es geht um Betrugsdelikte wie Geldwäsche, Korruption und grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug, welche untersucht, verfolgt und vor Gericht gebracht werden. Auf der Website der EUStA (englisch: European Public Prosecutor’s Office, EPPO) ist unter News eine aktuelle Meldung vom 06. September 2023 abrufbar. Demnach wurde in der vergangenen Woche seitens EPPO eine Strafsache an das Bukarester Gericht weitergeleitet, in der ein ehemaliger Präsident des Fußballvereins Dinamo București wegen Betrugs in Höhe von 30 Millionen Euro mit EU- und nationalen Mitteln angeklagt wurde. Laura Codruța Kövesi ist die erste Generalstaatsanwältin der EUStA/EPPO. Geboren 1973 in Sfântu Gheorghe in Siebenbürgen (rumänisch: Transilvania) als Laura Codruța Lascu, studierte sie an den Universitäten in Cluj, Hermannstadt und Timișoara Rechtswissenschaften. Ihre Dissertation hatte den Kampf gegen das organisierte Verbrechen zum Thema. Nach Positionen als Staatsanwältin in Hermannstadt und als jüngsten Generalstaatsanwältin am Obersten Gerichts- und Kassationshofs (rumänisch: Înalta Curte de Casație și Justiție), dem höchsten Gericht Rumäniens in Bukarest, übernahm sie 2013 die Leitung der rumänischen Antikorruptionsbehörde Direcția Națională Anticorupție. Ihre Verfahren gegen Amtsmissbrauch, Geldwäsche und Steuerhinterziehung brachten etlichen Funktionären und Unternehmern empfindliche Geldstrafen oder Gefängnisaufenthalte ein, was in der politischen Elite nicht zu ihrer Beliebtheit beitrug. 2018 strebte der damalige Justizminister ein Amtsenthebungsverfahren gegen sie an. Mit Erfolg. Aus der Bevölkerung hatten Zehntausende dagegen protestiert. Im Februar 2019 wurde Kövesi vom Auswahlausschuss als bevorzugte Kandidatin zur Generalstaatsanwältin der EUStA vorgeschlagen. Ein Grund mehr, im eigenen Land gegen sie vorzugehen. Die damalige Regierungspartei PSD (Partidul Social Democrat) startete eine Diffamierungskampagne, um ihre Ernennung zu verhindern. Parteichef Liviu Dragnea war 2016 von Kövesi des versuchten Wahlbetrugs überführt worden, eine Anklage wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch drohte ihm darüber hinaus. Zunächst schien seine Kampagne zu fruchten. Kövesi wurde wegen des Verdachts der Korruption angeklagt, unter polizeiliche Aufsicht gestellt und ein Ausreiseverbot verhängt. Sie ging dagegen vor. Die Beschränkungen wurden vom Obersten Gericht aufgehoben, welches auch die Vorwürfe gegen sie als haltlos befand. Mittlerweile arbeitet Laura Codruța Kövesi erfolgreich als Generalstaatsanwältin der EUStA. Liviu Dragnea trat 2019 eine vom Obersten Gerichts- und Kassationshof verhängte Haftstrafe von dreieinhalb Jahren an.