Die Oper, George Enescu und die Pocket Opera
Rumäniens Hauptstadt bietet nicht nur Bühnen für die verschiedenen Sprechtheater, die wir in den letzten beiden Blogs besuchten, sondern auch für das Musikalische Theater oder die Musik ganz ohne Theater. Auch in diesem Bereich der Künste reicht die Bandbreite von den etablierten Häusern und klassischen Genres bis zu einer freien Musikszene.
Die Bukarester Oper (rumänisch: Opera Națională București) ist die größte der vier rumänischen Staatsopern. Die drei anderen stehen in Cluj-Napoca (deutsch: Klausenburg), in Timișoara (deutsch: Temeschwar) und in Iași (deutsch: Jassy), welche wiederum die Hauptstädte der historischen Regionen Siebenbürgen (rumänisch: Transilvania), Banat und Moldau (rumänisch: Moldova) sind. In Transsilvanien, der Region jenseits der Wälder begann 2015 die Reise per Blog durch das mittlerweile nicht mehr so unbekannte Land Rumänien bis in die Walachei und nach București. Die Oper wurde 1919 gegründet und ist seit 1953 im jetzigen Gebäude, nah am Fluss Dâmbovița, untergebracht. Nebenan gibt es den Opernpark Parcul Operei. Heute ist das Haus ein Repertoirebetrieb mit einem langfristig engagierten Ensemble und verfügt über ein immenses Repertoire an Aufführungen. In der aktuellen Saison stehen bekannte Klassiker wie Carmen von Bizet, Tosca von Puccini oder Verdis La Traviata im Programm. George Enescu wurde 1881 im rumänischen Dorf Liveni Vîrnav geboren, das heute seinen Namen trägt. Bereits mit vier Jahren spielte er Violine, mit fünf komponierte er. Von 1888 bis 1894 studierte er in Wien, debütierte 1889 als Violinist. Danach studierte er Komposition am Pariser Konservatorium und begann 1898 in Bukarest zu dirigieren. In Paris gründete er zunächst ein Klaviertrio, dann das Enescu-Quartett und war parallel stets auch in Rumänien aktiv, wo er 1912 den Enescu-Preis für Komposition begründete und 1914 die erste vollständige Aufführung von Beethovens 9. Sinfonie im Land leitete. 1917 gründete er in Iași das George-Enescu-Sinfonieorchester sowie die Gesellschaft rumänischer Komponisten. Schon die Aufzählung dieser wenigen Eckpunkte seiner Karriere, die er bereits als Vierjähriger begann, um als Dreizehnjähriger sein erstes Studium abzuschließen, könnte Schwindelgefühle auslösen. Zurück zur Oper: 1921 eröffnete Enescu als Dirigent des Lohengrin von Richard Wagner die Opera Națională București. Vor einem Jahr und hundert Jahre später, im September 2021, feierte das George Enescu International Festival and Competition in Bukarest sein 25jähriges Jubiläum. Seit 1958 wird es alle zwei Jahre als eines der größten Festivals für klassische Musik in Osteuropa veranstaltet. Mit hochkarätigen Konzerten und einem Wettbewerb für junge Musiker wird Enescus Werk gefeiert und geehrt. Zum Festival 2021 sind rund 4.700 Künstler und Künstlerinnen, Solistinnen, Solisten und Orchester zusammengekommen. Opera in your pocket heißt ein aktuelles Projekt des Goethe-Instituts und der Musikuniversität Bukarest zum zeitgenössischen Musiktheater. Drei neue Kurzopern wurden von drei Teams aus jungen rumänischen Künstlern und Künstlerinnen über ein Jahr lang entwickelt. Vorausgegangen waren Workshops in allen hierfür relevanten Bereichen. In genau einer Woche, am 17. und 18. September 2022, werden die drei Kammeropern im Teatrul Odeon (Blog Juli) uraufgeführt. Die 1974 gegründete Pocket Opera Company wiederum ist Deutschlands ältestes, freies und mobiles Musiktheater und führt Opern an ungewöhnlichen Spielorten auf. Sie hat ihren Sitz in Nürnberg.